Ein (islamischer) Verein, der im Verfassungsschutzbericht des Bundes/eines Bundeslandes ausdrücklich als extremistisch bezeichnet wird, ist nicht gemeinnützig.
Nach dem Urteil des Bundesfinanzhofs wird bei ausdrücklicher Erwähnung des Vereins in einem Verfassungsschutzbericht widerlegbar davon ausgegangen, dass dieser extremistische Bestrebungen fördert und dem Gedanken der Völkerverständigung zuwiderhandelt (§ 51 Abs. 3 Satz 2 der Abgabenordnung). Diese Vermutung ist erst dann widerlegt, wenn der volle Beweis des Gegenteils erbracht wird. Die dafür erforderliche Würdigung obliegt in erster Linie dem Finanzgericht.
Im vorliegend entschiedenen Streitfall billigte der Bundesfinanzhof dabei die Würdigung des Finanzgerichts, da es sich mit allen Einwendungen des Vereins sorgfältig auseinandergesetzt und diese für nicht durchgreifend erachtet hatte. Der Verein habe nicht entkräften können, dass z.B. Äußerungen seiner Prediger und Imame (Todesstrafe wegen Abkehr vom Islam und bei Ehebruch, körperliche Misshandlung Minderjähriger zur Durchsetzung der Gebetspflicht etc.) ein extremistisches, grundgesetzfeindliches Gedankengut offenbart hätten.
Der Bundesfinanzhof entschied weiter, dass die Leistungen des Vereins für das Gemeinwohl (v.a. Integration von Zuwanderern) nicht im Wege einer “Gesamtschau” gegen Anhaltspunkte für eine verfassungsfeindliche tatsächliche Geschäftsführung abzuwägen sind.
Das Finanzgericht hat zu Recht entschieden, dass der Verein die Voraussetzungen für die Zuerkennung der Gemeinnützigkeit nicht erfüllte und das Finanzamt daher die Anerkennung als gemeinnütziger Verein widerrufen durfte. Der Verein fördert nach seiner Satzung und tatsächlichen Geschäftsführung zwar die Religion, im Streitfall greift jedoch die Vermutung des § 51 Abs. 3 Satz 2 AO, die das Finanzgericht ohne Rechtsfehler als nicht widerlegt erachtet hat. Leistungen für das Gemeinwohl sind nicht im Wege einer Gesamtschau gegen Anhaltspunkte für eine in Teilen verfassungsfeindliche tatsächliche Geschäftsführung abzuwägen. Dieses Ergebnis verstößt weder gegen die Glaubens- oder Gewissensfreiheit des Vereins noch gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz und das Verhältnismäßigkeitsprinzip.
Eine Körperschaft verfolgt gemeinnützige Zwecke, wenn ihre Tätigkeit darauf gerichtet ist, die Allgemeinheit auf materiellem, geistigem oder sittlichem Gebiet selbstlos zu fördern (§ 52 Abs. 1 Satz 1 AO). Unter diesen Voraussetzungen ist als Förderung der Allgemeinheit u.a. die Förderung der Religion anzuerkennen (§ 52 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 AO). Der Verein betrieb in den Streitjahren nach seiner Satzung und nach seiner tatsächlichen Geschäftsführung die Förderung der Religion i.S. von § 52 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 AO und verfolgte damit grundsätzlich einen gemeinnützigen Zweck.
Die Anerkennung scheitert im Streitfall jedoch an § 51 Abs. 1 und 3 AO. Danach setzt die Steuervergünstigung u.a. voraus, dass die Körperschaft nach ihrer Satzung und bei ihrer tatsächlichen Geschäftsführung keine Bestrebungen i.S. des § 4 BVerfSchG fördert und dem Gedanken der Völkerverständigung nicht zuwiderhandelt. Bei Körperschaften, die im Verfassungsschutzbericht des Bundes oder eines Landes als extremistische Organisation aufgeführt sind, ist widerlegbar davon auszugehen, dass die Voraussetzungen des Satz 1 nicht erfüllt sind (§ 51 Abs. 3 Satz 2 AO).
Entgegen der Auffassung des Vereins liegen die Voraussetzungen für das Eingreifen der widerlegbaren Vermutung des § 51 Abs. 3 Satz 2 AO vor.
Der Tatbestand setzt lediglich voraus, dass die betreffende Körperschaft in einem Verfassungsschutzbericht “als extremistische Organisation aufgeführt” ist. Nach der Rechtsprechung des I. Bundesfinanzhofs, der sich der Bundesfinanzhof anschließt, ist dies nur dann der Fall, wenn sie dort ausdrücklich als extremistisch bezeichnet wird, nicht aber, wenn die Körperschaft nur als Verdachtsfall oder sonst beiläufig Erwähnung findet. Der Bundesfinanzhof kann offen lassen, ob es sich bei dieser Auslegung der Norm, wie im Schrifttum vereinzelt vertreten wird, um eine unzulässige Erweiterung der Beweisreglung handelt. Denn nach den Ausführungen unter II. 2.b liegt im Streitfall eine ausdrückliche Erwähnung in den jeweiligen Verfassungsschutzberichten vor.
In den Verfassungsschutzberichten des Bundes und eines Bundeslandes für 2009 und 2010 wurde der Verein ausdrücklich als extremistisch bezeichnet, ohne dass er verwaltungsgerichtlich gegen diese Benennung vorgegangen ist.
Für das Streitjahr 2009 ergibt sich dies, wie das Finanzgericht zu Recht festgestellt hat, bereits aus der expliziten Erwähnung im Anhang des Verfassungsschutzberichts des Bundes. Dort sind nur die Gruppierungen aufgeführt, bei denen die vorliegenden tatsächlichen Anhaltspunkte in ihrer Gesamtschau zu der Bewertung geführt haben, dass es sich um eine extremistische Gruppierung handelt. Dazu gehört auch der Verein.
Im Streitjahr 2010 wird der Verein sowohl im Text als auch in einer Fußnote ausdrücklich genannt. Im Unterschied zum Streitjahr 2009 fehlt zwar eine ausdrückliche Bezeichnung des Vereins im Registeranhang, daraus kann aber nicht gefolgert werden, dass über den Verein nur als Verdachtsfall berichtet wurde. Denn die Berichterstattung bezieht sich nur ausnahmsweise auf Verdachtsfälle, die dann im Text ausdrücklich als Verdachtsfall kenntlich gemacht werden. Daran fehlt es bei der Berichterstattung über den Verein. Abgesehen davon ergibt sich die ausdrückliche Bezeichnung des Vereins als extremistische Organisation auch aus dem Verfassungsschutzbericht eines Bundeslandes.
Soweit der Verein behauptet, die Aufzählung von Vereinen und Verbänden im Anhang eines Verfassungsschutzberichts genüge nicht den höchstrichterlichen Anforderungen für das Eingreifen der widerlegbaren Vermutung, entspricht diese Auffassung nicht den Ausführungen des BFH im Urteil in BFHE 237, 22, BStBl II 2013, 146. Nach Rz 21 dieses Urteils liegt bei einer alphabetischen Aufzählung der als extremistisch eingeschätzten Gruppierungen eine ausdrückliche Bezeichnung vor. Diese Bezeichnung ergab sich allerdings für den seinerzeit vom BFH entschiedenen Fall erst für das Jahr 2009 und konnte daher für das Streitjahr 2008 nicht berücksichtigt werden.
Die Nennung des Vereins in den Verfassungsschutzberichten begründet die widerlegbare gesetzliche Vermutung, dass er extremistische Bestrebungen fördert und dem Gedanken der Völkerverständigung zuwidergehandelt hat. Die gesetzliche Vermutung des § 51 Abs. 3 Satz 2 AO hat eine Umkehr der objektiven Beweislast (Feststellungslast) zur Folge. Es liegt nun in der Sphäre der die Steuervergünstigung begehrenden Körperschaft nachzuweisen, dass sie gleichwohl keine extremistischen Ziele fördert und damit gemeinnützig ist.
Stellt das Gesetz -wie im Streitfall § 51 Abs. 3 Satz 2 AO- für das Vorhandensein einer Tatsache eine Vermutung auf, ist nach der gemäß § 155 FGO entsprechend anwendbaren Regel des § 292 Satz 1 der Zivilprozessordnung der Beweis des Gegenteils, dass die vom Gesetz vermutete Tatsache nicht vorliegt, zulässig. Hierfür ist allerdings eine Erschütterung der Vermutung nicht ausreichend; erforderlich ist vielmehr der volle Beweis des Gegenteils der vermuteten Tatsachen.
Die Feststellung, ob eine Körperschaft den vollen Beweis dafür erbracht hat, dass sie im Rahmen ihrer tatsächlichen Geschäftsführung keine extremistischen oder sonstigen verfassungsfeindlichen Bestrebungen fördert, obliegt im gerichtlichen Verfahren in erster Linie dem Finanzgericht als Tatsachengericht. Verstößt die Sachverhaltswürdigung des Finanzgericht nicht gegen die Verfahrensordnung, gegen Denkgesetze oder allgemeine Erfahrungssätze, ist sie für den BFH selbst dann bindend (§ 118 Abs. 2 FGO), wenn sie nicht zwingend, sondern nur möglich ist.
Ausgehend von diesen Maßstäben ist revisionsrechtlich nicht zu beanstanden, dass das Finanzgericht nach Würdigung der Gesamtumstände des Streitfalls zu der Auffassung gelangt ist, die gesetzliche Vermutung sei nicht widerlegt. Der Verein habe insbesondere nicht nachgewiesen, dass er sich in den Streitjahren vom verfassungswidrigen Gedankengut … distanziert habe. Hierzu hat das Finanzgericht zutreffend auf die -in den Streitjahren fortbestehenden- historischen und personellen Beziehungen des Vereins zur … abgestellt. Der Verein habe auch nicht entkräften können, dass Äußerungen von seinen Beauftragten (Prediger, Gastimame) ein extremistisches, grundgesetzfeindliches Gedankengut offenbart hätten. Diese Äußerungen (Todesstrafe wegen Abkehr vom Islam und bei Ehebruch, körperliche Misshandlung Minderjähriger zur Durchsetzung der Gebetspflicht, erstrebter Sieg des Islam über Ungläubige) stünden in Übereinstimmung mit dem von der … vertretenen Wertebild, nicht aber mit den Wertvorstellungen des Grundgesetzes.
Zur wiederholten Äußerung von Vertretern der …, dass der Verein bzw. dessen Organe in die Organisationsstrukturen der … eingebunden seien, habe der Verein lediglich vorgetragen, gegen eine Vereinnahmung durch die … könne er sich nicht wehren. Dies hat das Finanzamt ohne Rechtsfehler als nicht hinreichend erachtet, um die Ausführungen der Verfassungsschutzbehörden zu widerlegen. Schließlich sei auch nicht der Vorwurf widerlegt worden, der Verein habe in den Streitjahren in seinen Räumlichkeiten den Zugang zu der Muslimbruderschaft nahestehenden Publikationen eröffnet.
Auf der Grundlage dieser Indizien konnte das Finanzgericht zu der Überzeugung gelangen, der Verein habe in den Streitjahren noch Verbindungen zur … gehabt und sei dessen verfassungsfeindlichem Gedankengut nicht hinreichend entgegengetreten, sodass die gesetzliche Vermutung nicht widerlegt ist. Dieses Ergebnis beruht auf einer logischen, verstandesmäßig einsichtigen Würdigung des Sachverhalts, deren nachvollziehbare Folgerungen den Denkgesetzen entsprechen und von den festgestellten Tatsachen getragen werden. Das Finanzgericht hat sich mit allen Einwänden des Vereins sorgfältig auseinandergesetzt und diese für nicht durchgreifend erachtet. Soweit der Verein dagegen vorbringt, aus einem Pachtverhältnis könne keine inhaltliche Abhängigkeit von der … gefolgert werden, von den Aussagen der Prediger in der Moschee distanziere er sich teilweise, im Übrigen seien diese Aussagen zu relativieren und mit ähnlichen Aussagen in einer christlichen Kirche zu vergleichen, setzt er damit lediglich seine Würdigung an die Stelle des Finanzgericht, ohne Verstöße gegen die Verfahrensordnung, gegen Denkgesetze oder allgemeine Erfahrungssätze geltend zu machen.
Entgegen der Auffassung des Vereins sind im Rahmen des § 51 Abs. 3 Satz 1 AO die Leistungen des Vereins für das Gemeinwohl nicht im Wege einer Gesamtschau gegen Anhaltspunkte für eine verfassungsfeindliche tatsächliche Geschäftsführung abzuwägen.
§ 51 Abs. 1 AO regelt die allgemeinen Voraussetzungen für Steuervergünstigungen wegen Verfolgung gemeinnütziger, mildtätiger oder kirchlicher Zwecke (steuerbegünstigte Zwecke). § 51 Abs. 3 Satz 1 AO erfordert zusätzlich (“zudem”), dass die Körperschaft nach ihrer Satzung und ihrer tatsächlichen Geschäftsführung keine Bestrebungen i.S. des § 4 BVerfSchG fördert und dem Gedanken der Völkerverständigung nicht zuwiderhandelt. Damit folgt bereits aus dem Wortlaut der Norm, dass es sich bei § 51 Abs. 3 Satz 1 AO um eine zusätzliche (kumulative) Voraussetzung für die Anerkennung der Gemeinnützigkeit handelt. Der Verein berücksichtigt insoweit nicht, dass ein Handeln für das Gemeinwohl durch Förderung eines gemeinnützigen Zweckes i.S. von § 52 Abs. 2 AO zwar notwendige, aber nicht hinreichende Voraussetzung für die Anerkennung der Gemeinnützigkeit darstellt. Verwirklicht eine Körperschaft ihre satzungsmäßig festgelegten gemeinnützigen Ziele nicht, scheitert die Anerkennung bereits an der fehlenden Übereinstimmung von Satzung und tatsächlicher Geschäftsführung (§ 63 Abs. 1 AO).
Soweit im Schrifttum eine Abwägung zwischen förderndem und förderungsschädlichem Verhalten befürwortet wird, betrifft dies solche Fälle, in denen eine auf Förderung i.S. des § 52 AO gerichtete Tätigkeit (beispielsweise Motorsport) zugleich gegen andere, ebenfalls förderungswürdig anerkannte Zwecke (Umweltschutz) verstößt, nicht aber den Sonderfall einer (extremistischen) Organisation, die neben einem steuerbegünstigten Zweck auch Bestrebungen i.S. des § 4 BVerfSchG fördert oder dem Gedanken der Völkerverständigung zuwiderhandelt (§ 51 Abs. 3 Satz 2 AO).
Darüber hinaus ist zu berücksichtigen, dass § 51 Abs. 3 Satz 1 AO deklaratorischen Charakter besitzt und verdeutlichen soll, dass keine Förderung der Allgemeinheit vorliegt, wenn Bestrebungen verfolgt werden, die sich gegen die freiheitlich-demokratische Grundordnung richten. Fehlt es aber an einer Förderung der Allgemeinheit, hat dies im Rahmen einer gebundenen Entscheidung den Ausschluss der Gemeinnützigkeit zur Folge. Die für eine Ermessensentscheidung typische Abwägung von gemeinwohlfördernden mit gemeinwohlschädigenden Auswirkungen des Handelns einer Körperschaft kann daher nicht erfolgen.
Im Übrigen widerspräche die vom Verein vertretene Gesamtwürdigung mit der Folge einer Anerkennung (auch) extremistischer Körperschaften als gemeinnützig auch der Systematik des Gesetzes. Da die Förderung des Völkerverständigungsgedankens in § 52 Abs. 2 Satz 1 Nr. 13 AO und die des demokratischen Staatswesens in § 52 Abs. 2 Satz 1 Nr. 24 AO als gemeinnützig angesehen werden, kann nicht zugleich das Gegenteil (Verstoß gegen die freiheitlich demokratische Grundordnung) gemeinnützig sein.
Die Aberkennung der Gemeinnützigkeit verstößt weder gegen die Glaubens- und Gewissensfreiheit des Vereins noch gegen das Gleichbehandlungsgebot und das Verhältnismäßigkeitsprinzip.
Die Aberkennung der Gemeinnützigkeit verletzt den Verein nicht in seinen Grundrechten auf Glaubens- und Bekenntnisfreiheit (Art. 4 Abs. 1 und 2 GG).
GG garantiert in Absatz 1 die Freiheit des Glaubens, des Gewissens und des religiösen und weltanschaulichen Bekenntnisses, in Absatz 2 das Recht der ungestörten Religionsausübung. Beide Absätze des Art. 4 GG enthalten ein umfassend zu verstehendes einheitliches Grundrecht, das auch die Religionsfreiheit der Korporationen umfasst. Es erstreckt sich nicht nur auf die innere Freiheit zu glauben oder nicht zu glauben, das heißt einen Glauben zu haben, zu verschweigen, sich vom bisherigen Glauben loszusagen und einem anderen Glauben zuzuwenden, sondern auch auf die äußere Freiheit, den Glauben zu bekunden und zu verbreiten, für seinen Glauben zu werben und andere von ihrem Glauben abzuwerben. Umfasst sind damit nicht allein kultische Handlungen und die Ausübung und Beachtung religiöser Gebräuche, sondern auch die religiöse Erziehung sowie andere Äußerungsformen des religiösen und weltanschaulichen Lebens.
Auch wenn der Verein keine staatliche Unterstützung erhält und deshalb auf die Finanzierung durch Spenden angewiesen wäre, ist nicht ersichtlich, dass er durch die Ablehnung der Gemeinnützigkeit in seiner inneren oder äußeren Glaubensfreiheit beeinträchtigt wird. Dem Verein bleibt es insbesondere unbenommen, seine Förderer weiterhin -wenn auch ohne steuerliche Begünstigung- um Spenden zu bitten. Die Glaubens- und Bekenntnisfreiheit (Religionsfreiheit) gewährleistet jedoch weder Ansprüche auf bestimmte staatliche Leistungen noch auf Teilhabe an bestimmten steuerlichen Privilegien wie der Steuerfreiheit und des Spendenabzugs.
Soweit der Verein eine Ungleichbehandlung gegenüber der Pius-Bruderschaft behauptet, die als katholische Institution gemeinnützig sei, obwohl einer ihrer Vertreter wegen antisemitischer Äußerungen verurteilt wurde, führt dieses Vorbringen zu keiner anderen Beurteilung. Denn es ist weder vorgetragen noch für den Bundesfinanzhof ersichtlich, dass die Pius-Bruderschaft in einem Verfassungsschutzbericht des Bundes oder des Landes als extremistisch bezeichnet wurde, sodass eine verfassungswidrige Ungleichbehandlung i.S. von Art. 3 Abs. 1 GG bereits daran scheitert, dass keine vergleichbaren Sachverhalte vorliegen. Es findet auch keine Ungleichbehandlung zwischen Körperschaften statt, die gemeinnützige (§ 52 AO) und solchen, die kirchliche Zwecke (§ 54 AO) verfolgen. Denn die Einschränkung der Gemeinnützigkeit für extremistische Organisationen ist in § 51 Abs. 3 AO geregelt und gilt daher gleichermaßen für alle Körperschaften, die steuerbegünstigte Zwecke verfolgen.
Am Ergebnis ändert sich auch dann nichts, wenn die Ausführungen des Vereins zum Erfordernis einer Abwägung dahingehend verstanden werden, dass er einen Verstoß gegen das Verhältnismäßigkeitsprinzip geltend macht.
Im Schrifttum ist zwar anerkannt, dass die Rechtsfolgen bei Verstößen gegen § 63 AO unter Anwendung des rechtsstaatlich fundierten Verhältnismäßigkeitsprinzips am Ausmaß und Gewicht der Pflichtverletzung auszurichten sind. Dies kann dazu führen, dass bei kleineren, einmaligen Verstößen gegen Gemeinnützigkeitsvorschriften eine Entziehung der Steuervergünstigung ausscheidet.
Vorliegend kann der Bundesfinanzhof offen lassen, ob er sich der Auffassung des Schrifttums zur Geltung des Verhältnismäßigkeitsprinzips anschließt, denn es liegt jedenfalls kein leichter, einmaliger, sondern ein gewichtiger Verstoß gegen Gemeinnützigkeitsvorschriften vor. Dies ergibt sich aus der im Streitfall einschlägigen Regelung des § 51 Abs. 3 AO für Steuervergünstigungen, die für eine Gewährung von Steuervergünstigungen voraussetzt, dass die Körperschaft bei ihrer tatsächlichen Geschäftsführung keine Bestrebungen i.S. des § 4 BVerfSchG fördert.
Bundesfinanzhof, Urteil vom 14. März 2018 – V R 36/16
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